Von Donuts und Krapfen

Prof. Schröteler-von Brandt (Stadtplanerin) von der Universität Siegen prägte den Begriff „Donuteffekt“.  Der österreichische Architekt Roland Gruber vom Büro Von Donuts und Krapfen  http://www.nonconform.at verwendet für die Art und Weise wie sich Einkaufszentren und Baumärkte um die Orte ansiedeln ebenfalls diesen Begriff. Gruber: „Wir müssen dem Donut-Effekt etwas entgegensetzen und die Orte wieder zu Marillenmarmeladekrapfen machen. Das Süßeste, die Fülle des Lebens, muss in die Mitte zurück.“ 

https://www.derstandard.at/story/2000053133823/der-donut-effekt-frisst-die-ortskerne-leer

https://www.forbes.at/artikel/der-krapfen-effekt.html

Wenn nun ein Ortskern wieder belebt werden sollte, so erfolgen die ersten Initiativen nicht unbedingt an den Immobilien selbst, sondern durch Aktivitäten im Zentrum – etwa Festivals oder Veranstaltungen. Es müsse in der Gemeinde die Bereitschaft geben, wie in einem Testlabor vieles auszuprobieren und auch Phasen des Scheiterns zuzulassen.

Beispiele:

Fließ (Tirol): Vor ein paar Jahren hatte die 3.000-Einwohner-Gemeinde im Tiroler Bezirk Landeck kein Postamt mehr und auch kein Lebensmittelgeschäft. Die Gemeinde erwarb strategisch Immobilien, zusätzlich zur leerstehenden alten Volksschule auch einen alten Bauernhof. Heute gruppieren sich im erneuerten Dorfzentrum drei Gebäude um zwei Plätze. Im neuen Gemeindezentrum sind die Auskunftspersonen zugleich Postpartner. Auch ein Nahversorger, ein Arzt mit Hausapotheke, ein Jugendzentrum und ein Frisör haben sich im Ortskern wieder angesiedelt. Dazu gibt es Wohnangebote für Senioren und junge Menschen. https://www.nonconform.at/das-wunder-von-fliess/

Quelle der nachfolgenden Blder: http://www.nonconform.io/wp-content/uploads/2019/11/NCF_Presse_Ortskernstaerkung_Fliess.pdf

Fließ vorher (www.nonconform.at)

Fließ nach der Umgestaltung (www.nonconform.at)

Nach der Umgestaltung des Ortes (www.nonconform.at)

Blaibach (Oberpfalz / Bayern): Fast schon märchenhaft klingt die Geschichte des Dorfes im Bayerischen Wald. Der Ortskern war vor fünf Jahren noch vernachlässigt, die Lage schien aussichtslos. Initiiert von einem Opernsänger wurde ein Konzerthaus gebaut. Ein Münchner Architekt entwarf einen modernen Bau. Die 200 Plätze sind fast immer ausverkauft, der ganze Ort profitiert. Bayerische Medien schreiben vom „Wunder von Blaibach“.

https://www.welt.de/reise/deutschland/article167898274/Das-Wunder-von-Blaibach.html

https://www.br-klassik.de/aktuell/news-kritik/konzerthaus-blaibach-boom-100.html

https://youtu.be/Lw6Y1QqYVy0

Blaibach vorher / https://www.muenchenarchitektur.com/beitrag/27-events/22229-dorfgeschichten

Konzerthaus von Blaibach / https://de.wikipedia.org/wiki/Konzerthaus_Blaibach

Haag (NÖ): Etwas älter ist die Erfolgsgeschichte von Haag. Ende der Neunzigerjahre lag das Zentrum darnieder, der Leerstand wuchs. Im Jahr 2000 wurden die Haager durch eine rote Tribüne auf dem Hauptplatz wachgerüttelt. Seit damals findet auch der Theatersommer Haag statt. Der Hauptplatz wurde zur Aktivitätszone, der Boden neu gepflastert worden. Die alten Lampen kamen weg, die Häuserfronten wurden auf Anregung von nonconform durch indirekte Beleuchtung neu inszeniert.

https://www.nonconform.at/haag/

https://youtu.be/9punoiHUEDI

Tribüne von Haag / https://2018.theatersommer.at/presse/

Tribüne von Haag / https://2018.theatersommer.at/presse/

„Ortskernbonus“ in Niederösterreich

Ortskernbonus für gewerbliche Bauträger: Gewerbliche Bauträger haben die Möglichkeit, Förderungen zu beantragen, wenn sie leerstehende Gebäude in Ortszentren (z. B. Hotels, Kinos, Gasthäuser) als Miet-Wohnungen sanieren. Bereits bestehende Bausubstanz in den Ortskernen soll saniert und für Wohnungen genutzt werden.

Für Private gibt es bei einem Neubau im Ortskern zusätzlich zur regulären Wohnbauförderung bis zu 12.000 Euro an Förderungen. Bei Sanierungen wird ebenfalls ein  Teil der Sanierungskosten vom Land gefördert. Für Genossenschaften gibt es Ähnliches.

https://www.derstandard.at/story/2000123321555/niederoesterreich-jedes-dritte-gefoerderte-eigenheim-im-ortskern

http://www.noe-wohnbau.at/wohnbaustrategie

https://www.gutentag.news/noe-baurechtsaktion-wird-ab-jaenner-angepasst/

Ortskernbonus / https://www.gutentag.news/noe-baurechtsaktion-wird-ab-jaenner-angepasst/

https://www.derstandard.at/story/2000123321555/niederoesterreich-jedes-dritte-gefoerderte-eigenheim-im-ortskern (16.1.2021)

Die Situation in Fürstenfeld

Die Stadtgemeinde Fürstenfeld traf in den letzten Jahrzehnten politische Entscheidungen, die ebenfalls in Richtung „Donuts“ gingen und so entstanden auch leere Geschäftsflächen in der Innenstadt. Fürstenfeld ist noch ein wenig besser positioniert als das vergleichbare Hartberg. Die Diplomarbeit von Matthias POSCH, Der Geschäftsflächenleerstand in der Erdgeschosszone der Hartberger Innenstadt (Diplomarbeit Graz 2017)  https://unipub.uni-graz.at/obvugrhs/content/titleinfo/2293475 belegt das eindrucksvoll. In Hartberg beträgt der Geschäftsflächenleerstand bald 50 Geschäftslokale. Aber die Entwicklung in diese Richtung zeichnet sich auch in Fürstenfeld ab: Abwanderung von Bipa und DM, das leerstehende Gasthaus Fröhlich, der Gebäudekomplex Sitt, das Lokal des ehemaligen Schuhgeschäftes „Quick“ und Flächen in der Santnergasse, die durch Leerstände auffallen. Der Ansatz der Fürstenfelder Stadtpolitik, das Geschäftsleben in der Innenstadt durch die Förderung des privaten Pkw-Verkehrs zu beleben – durch Errichtung von Parkplätzen – ist höchst zweifelhaft. Da diese Politik ja auch bereits seit mehr als 30 Jahren betrieben wurde und der nachhaltige Erfolg ausblieb, sollte die Strategie zur Belebung der Innenstadt nach Meinung von uns Grünen stattdessen in Richtung Marmeladenfülle geändert werden.  

Beitragsbild: https://pixabay.com/de/photos/donuts-geb%C3%A4ck-kringel-kuchen-4633040/

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