Interview mit Stadtwerkedirektor

Grüne Fürstenfeld: Welche Projekte / Pläne haben die Fürstenfelder Stadtwerke in Hinblick auf die Energieversorgung für die Zukunft?
DI Dr. Franz Friedl: Unser großes Ziel, unsere Vision ist, dass wir Fürstenfeld in den nächsten Jahren energieunabhängig machen, d.h. dass wir 100 % des benötigten Stroms selbst produzieren. Derzeit haben wir eine sehr geringe Eigenproduktionsquote. Einige Photovoltaik-Anlagen haben wir bereits errichtet, die Wasserkraftwerke an der Feistritz sind leider nicht im Eigentum der Stadtwerke. Die Vision besteht darin, dass wir mit Photovoltaik und der geplanten Holzvergaseranlage unabhängig werden. In weiterer Folge planen wir in die Speichertechnologie zu investieren, ebenso in die Erzeugung von Wasserstoff, der als Gas zur Verfügung stehen würde und Generatoren zur Stromerzeugung antreiben könnte. Ziel ist die Unabhängigkeit von Erdgas. Die angestrebte Energieunabhängigkeit betrifft nicht nur die privaten Haushalte, sondern auch Gewerbebetriebe.

GR. Mag. Dr. Franz Timischl, DI Dr. Franz Friedl, Vizebürgermeister Harald Peindl
GR. Mag. Dr. Franz Timischl, DI Dr. Franz Friedl, Vizebürgermeister Harald Peindl

Grüne Fürstenfeld: Wie weit sind die Planungen für das Holzvergaserkraftwerk vorangekommen?
DI Dr.Franz Friedl: Die Planungen sind unter höchstem Einsatz seit 2 Jahren schon sehr weit fortgeschritten, alle Bewilligungen – die Baubewilligung, die gewerberechtliche Bewilligung und die Bewilligung für den Hochwasserschutz – sind bereits vorhanden. Das Problem ist nur, es fehlt noch die Verordnung der Bundesregierung, der zufolge man einen gesicherten Einspeisetarif bekommen würde. Ohne diese Stromförderung wäre das wirtschaftliche Risiko zu hoch. Zurzeit wird nur die Investition gefördert, nicht aber der Tarif. Ich hoffe, die Verordnung wird noch 2022 erlassen.

Grüne Fürstenfeld: Wenn das Kraftwerk realisiert werden kann, welche Dimensionen sind zu erwarten?
DI Dr. Franz Friedl: Das Kraftwerk wäre so groß, dass umgerechnet 5.000 Haushalte in Fürstenfeld mit grünem klimafreundlichem Strom versorgt werden könnten. Mit der gewonnenen Wärme wäre man für den gesamten Fürstenfelder Fernwärmeverbrauch ebenso hundertprozentig umweltfreundlich. Es gibt viele Anfragen bezüglich eines Fernwärmeanschlusses. Aber jede Erweiterung ist jetzt nur mit Erdgas
möglich, das wäre aber beim jetzigen Gaspreis extrem teuer und wir wollen diesen Weg nicht verfolgen.

Grüne Fürstenfeld: Woher wird das Holz für das Kraftwerk kommen – inwieweit spielen die Wälder der Stadtgemeinde Fürstenfeld dabei eine Rolle?
DI Dr. Franz Friedl: Holz zum Betrieb der Holzvergasungsanlage hat die Stadtgemeinde Fürstenfeld im eigenen Stadtwald selbst. Viele Landwirte aus Fürstenfeld beliefern jetzt schon die Biomasse-Anlage der Fernwärme.

Grüne Fürstenfeld: Welche Angebote können die Stadtwerke Fürstenfeld Fürstenfelderinnen / Fürstenfeldern hinsichtlich der Initiative „Raus aus dem Öl“ anbieten?
DI Dr. Franz Friedl: Allen, die im Bereich einer Fernwärmeleitung  wohnen, kann man zusichern, dass sie zeitnah einen relativ kostengünstigen Anschluss bekommen. Das Fernwärmenetz außerhalb des Hauses wird von der Fernwärme abgedeckt und auch wieder bei Bedarf in einigen Jahrzehnten erneuert. Das ist für den Kunden ein großer Vorteil.

Grüne Fürstenfeld: In welcher Form und in welchem Ausmaß ist ein weiterer Ausbau der Fürstenfelder Fernwärme geplant?
DI Dr. Franz Friedl: In mehreren Bereich Fürstenfelds gibt es bereits Planungen: in der Schubertstraße, ein Projekt am Bergkamm, bei der Wohnanlage in der Buchwaldstraße wurde bis dato alles mit Gas
aufgeschlossen, im Nachhinein ist die Errichtung der Fernwärme als Zweitsystem sehr teuer und es müssten auch sich viele zum Anschluss entscheiden. Angeschlossen wurden jüngst die sogenannten „Parkvillen“, die Wohnanlage beim Uni-Markt in der Parkstraße und das Wohnprojekt in der Südtirolerstraße. Verhandlungen gibt es mit dem Gymnasium bzw. mit der Bildungsdirektion. Derzeit erfolgt dort die Heizung mit einer bereits etwas älteren Pelletsheizung. Außerdem gibt es sehr konstruktive Gespräche mit dem LKH Fürstenfeld, das bisher mit Gas beheizt wurde.

Grüne Fürstenfeld: Wie setzt sich die für die Fernwärme verwendete Energie zusammen (Biomasse – Erdgas …)? In welchem Ausmaß besteht eine Abhängigkeit von russischem Gas?
DI Dr. Franz Friedl: Rund drei Viertel der Energie stammen aus nachhaltigem Biogas und Biomasse (Hackschnitzel). Für die Abdeckung des restlichen Viertels ist Erdgas erforderlich. Das Ziel ist, auch darauf verzichten zu können. Die geplante Geothermie-Bohrung wird von der Stadtgemeinde gemeinsam mit Frutura durchgeführt werden. Die Stadtwerke werden einen Teil der Wärme ankaufen. Ursprünglich war die Geothermie der Beginn der Fürstenfelder Fernwärme. Sie wurde aber stillgelegt, da die Reinjektion nicht gelingt. Bei der neuen Bohrung sollte dies aber in einer tieferen Schicht gelingen.

Grüne Fürstenfeld: Werden die Stadtwerke um Kunden werben oder müssen Interessierte selbst aktiv werden, um an die Fernwärme anschließen zu können?
DI Dr. Franz Friedl: Die Stadtwerke werben proaktiv um Kunden. Es gab bereits eine Erhebung, Haus für Haus, jedenfalls in Bereichen der Stadt, wo schon eine Fernwärmeleitung vorhanden ist. Es wurde erhoben, wer einen Anschluss braucht. Das Hauptaugenmerk liegt in verbauten Zonen, auch in der Innenstadt gibt es noch Anschlussmöglichbedarf.

Grüne Fürstenfeld: Wenn Kunden in Fürstenfeld anschließen wollen, an wen können sie sich bei den Stadtwerken wenden?
DI Dr. Franz Friedl: Der Ansprechpartner in dieser Hinsicht ist Herr Manuel Palzer. Auf der Homepage der Stadtwerke Fürstenfeld (www.stwff.at) findet man sowohl seine Telefonnummer (0676 8780 2984) als auch seine E-Mail-Adresse (manuel.palzer@kew.at).

Grüne Fürstenfeld: Welche Pläne haben die Fürstenfelder Stadtwerke beim Ausbau der Photovoltaik?
DI Dr. Franz Friedl: In der Nähe der Biogasanlage soll eine Photovoltaikanlage im Freien errichtet werden, für die bereits seit 2012 alle Widmungen und Bewilligungen vorliegen. Weiters sollen alle Dachflächen, auf die die Stadtwerke Zugriff haben, mit Photovoltaik versehen werden – das Freibad, der Wirtschaftshof, der Bauhof in Übersbach, die Volksschule Übersbach und die zu errichtende Sammelstelle in Altenmarkt.

Grüne Fürstenfeld: Was ändert sich für Strom- und Fernwärmekunden aus derzeitiger Sicht?
DI Dr. Franz Friedl: Laut dem Tarifkalkulator sind die Fürstenfelder Stadtwerke schon jetzt einer der günstigsten Stromanbieter in Österreich. Für Bestandskunden bedeutet dies 8,99 Cent / kWh – bei anderen Anbietern kostet Strom derzeit vergleichsweise kWh 19 – 25 Cent. Für Neukunden derStadtwerke liegt der Strompreis aktuell bei 17,5 Cent pro kWh. Der derzeit sehr günstige Strompreis im Anbieter-Vergleich wurde durch langfristige und gut überlegte Beschaffungsstrategien gesichert.
Ein angemessenes Weitergeben der nun sehr hohen Energiepreise an der Strombörse wird mittelfristig aber nicht zu verhindern sein.
Für die Fernwärmebezieher gibt es einen Fixpreis lt. Wärmeliefervertrag mit einem Indexschlüssel, der auf jeder Abrechnung ersichtlich und von verschiedenen Faktoren abhängig ist. Es sind keine großen Sprünge zu erwarten. Die Fürstenfelder Fernwärme ist nicht börsenabhängig, das bedeutet eine ziemlich Planungs- und Kostensicherheit. 

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