Türkis ist eine kalte Farbe

Mit einer harten Haltung gegenüber Flüchtlingen und Vertriebenen schaffte es Sebastian Kurz an die Spitze der ÖVP und ins Bundeskanzleramt. Eine Mehrheit der Österreicher*innen befürwortete diesen Stil. Die Härte trat sowohl gegenüber den in Schlamm, Kälte und furchtbaren Verhältnissen hausenden Flüchtlingen in dem Lager auf Lesbos, als auch bei Abschiebungen von Schutzsuchenden aus Österreich zu Tage. 

SO DARF'S NICHT WEITERGEHEN!

Die Grünen in der Regierung konnten gegen diese Politik, die von ÖVP-SPÖ-Regierungen begonnen und von der ÖVP-FPÖ-Koalition auf die Spitze getrieben wurde, keine humanitäre Änderung erwirken. Eine besonders hässliche Auswirkung dieser Politik zeigte sich in der Nacht vom 27. auf den 28. Jänner 2021.

Die 12-jährige Gymnasiastin Tina wurde gemeinsam mit ihrer 5-jährigen Schwester und deren Mutter nach Georgien abgeschoben. Wie schon oft war die Vorgangsweise der Behörden schockierend: Mitten in der Nacht wurden die Kinder unter massivem Polizeieinsatz – Hundestaffel, Spezialeinheit WEGA – zum Flughafen gebracht und abgeschoben.

Demonstrierende Schulfreunde von Tina (Kinder!) wurden von Polizisten in herabwürdigender Art weggezerrt.
Tina und ihre Schwester sind beide in Österreich geboren. Wären sie in den USA, Kanada oder Frankreich geboren, wären sie damit automatisch Staatsbürger dieser Länder. Nicht so in Österreich. Hier gilt das ius sanguinis (lateinisch für „Recht des Blutes“), d.h. dass in Österreich geborene Kinder die Staatsbürgerschaft ihrer Eltern bekommen.

Die Abschiebung der beiden Kinder belegt die Geringschätzung der Kinderrechte im österreichischen Fremdenrecht in aller Brutalität. Die Kinder lebten mehrere Jahre hier und waren voll integriert. Dennoch hat in diesem „Fall“ die Durchsetzung eines rechtskonservativen Fremdenrechts die im Verfassungsrang stehenden Kinderrechte zur Gänze zurückgedrängt. Alle damit befassten Verantwortungsträger aus Politik und Justiz hätten die Möglichkeit gehabt, zugunsten der Kinder – der Kinderrechte – zu entscheiden und ein „humanitäres Bleiberecht“ zu gewähren.

https://www.derstandard.at/story/2000123704508/ein-fall-wie-aus-einem-traurigen-lehrbuch?ref=rec

https://www.sn.at/leserforum/leserbrief/die-abschiebung-integrierter-kinder-recht-oder-unrecht-99075013

„Der Einsatz kostete wohl mehrere 100.000 Euro. Mit horrenden Summen werden Menschen zutiefst schikaniert. Familien zerstört. Existenzen vernichtet. Unverblümt zeigt sich uns die durch und durch rassistische Struktur des Staates. Nein, das sind nicht die Vereinigten Staaten. Das ist Österreich.“ 

https://menschliche-asylpolitik.at/danke-allen-die-sich-der-abschiebung-von-tina-und-ihrer-familie-widersetzt-haben/

Rückblick auf das Jahr 2017 – die syrische Familie Mardini

Artikel von damals: https://gruene-fuerstenfeld.at/abschiebung

Grabherhaus, 31.3.2017

Auch bei uns in Fürstenfeld waren wir in der Vergangenheit bei einer herzlosen Abschiebung letztlich machtlos, obwohl viele Fürstenfelder, Klassenkameraden, Lehrerinnen und Lehrer dagegen auftraten und mobilisierten.

Familie Mardini stammte aus Aleppo und lebte damals bereits fast drei Jahre in Fürstenfeld. Die Kinder 19, 14 und 9 Jahre alt besuchten das Gymnasium in Fürstenfeld, die NMS in Ilz und die Volksschule in Fürstenfeld. Ibrahim, der 14-jährige Sohn sprach steirischen Dialekt, der 9-jährigen Yaman fielen die arabischen Wörter im Gespräch mit ihren Eltern schon immer öfter nicht mehr ein. Sie waren bestens integriert und betreut. 

Weil sie auf ihrer Fluchtroute über den Libanon und die Türkei erstmals in Bulgarien Boden der EU betraten, stellten sie dort einen Asylantrag. Nach dem Dublin-Verfahren war nun Bulgarien das Erstaufnahmeland. Auf Grund der damals und auch heute noch geltenden gesetzlichen Bestimmungen drohte nun plötzlich eine Abschiebung nach Bulgarien. Die Familie, ganz besonders aber die Kinder, fürchteten sich vor der Abschiebung durch die Fremdenpolizei. Von anderen Familien wussten sie, dass diese in den frühen Morgenstunden mit Hunden kommen würde und ihnen dann nur mehr 30 Minuten Zeit bleiben würde, die Wohnung zu verlassen. Auch eine Petition an Bundespräsident Van der Bellen konnte daran nichts ändern.

Die Rede von Bundespräsident Van der Bellen zur aktuellen Abschiebung hätte auch damals gepasst: https://twitter.com/vanderbellen/status/1354821540370554880?s=20

Um dem zuvorzukommen, entschieden die Mardinis nach Deutschland auszureisen, was ihnen auch gelang. Omar Mardini, der Vater, meinte bitter, er wäre am liebsten nach Syrien zurückgekehrt, dort würden sie ihn erschießen und sein Martyrium wäre damit zu Ende. Das blieb ihm erspart, er starb in Deutschland an seiner Herzvorerkrankung, deretwegen er in Österreich bereits in Behandlung gewesen war. Auch wegen der schlechten medizinischen Standards in Bulgarien hatten sie Angst vor einer Abschiebung dorthin.

Wer ist ein Flüchtling? Eine Begriffsklärung

Nach internationalem Recht (Genfer Flüchtlingskonvention, 1951 von 145 Staaten unterzeichnet –Österreich trat 1955 bei) ist ein Flüchtling eine Person, die sich außerhalb ihres Heimatlands befindet und eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung aufgrund ihrer Rasse, Religion, Nationalität, politischen Meinung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe hat. Andere Begriffe, die in den letzten Jahren immer wieder in diesem Zusammenhang verwendet wurden, sind:

Symbolbild (Pixabay Lizenz)

Asylant: Das ist ein umgangssprachlicher Begriff, der meist abwertend von rechten Parteien und Gruppierungen verwendet wird.

Asylwerber: Flüchtlinge, die nach Österreich kommen und einen Asylantrag gestellt haben, gelten als Asylwerber*innen. Bei Asylwerber*innen wurde noch nicht darüber entschieden, ob sie in Österreich bleiben können oder nicht. Dies geschieht in einem rechtsstaatlichen Verfahren – dem Asylverfahren. In diesem werden vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BfA) die Fluchtgründe geprüft. Die Entscheidung des BfA ergeht in Bescheidform und kann die Zuerkennung von Asyl oder subsidiärem Schutz beinhalten oder eine Abweisung von beidem.

https://physik.nawi.at/index.php/uni-politik/themaasyl/zum-thema-asyl/

Asyl – Subsidiärer Schutz

Kommen die Behörden im Asylverfahren zu dem Schluss, dass keine Gründe für Asylgewährung vorliegen, muss bei drohender Gefahr oder einer ernsthaften Gefährdung von Leib und Leben im HerkunftslanderkkuHerkunftsl (z.B. bei Bürgerkriegen) subsidiärer Schutz gewährt werden. Im Unterschied zum Asylstatus wird der subsidiäre Schutz befristet erteilt und kann verlängert werden oder auch nicht.

Asylstatistik, Bundesministerium für Inneres
Asylanträge 2004 – 2019 (Bundesministerium für Inneres)
Flüchtlingslage weltweit
Flucht weltweit

Interessante Links

https://www.diepresse.com/4789503/seit-1945-osterreich-nahm-zwei-millionen-fluchtlinge-aufhttps://www.demokratiewebstatt.at/thema/thema-flucht-migration-und-integration/zwischen-flucht-und-migration/oesterreich-als-ein-und-auswanderungsland

https://www.migration-infografik.at/at-asylstatistiken-2020/#entscheidungen-im-asylverfahren

https://www.diepresse.com/5779616/osterreich-liegt-bei-aufnahme-von-fluchtlingen-weltweit-auf-platz-14

http://www.osg.or.at/download/files/%7BBF268FB1-E7B9-42E8-9149-B8D6CFDC6667%7D/04_Alexander_Wisbauer.pdf

https://www.uno-fluechtlingshilfe.de/informieren/fluechtlingszahlen/

Diakonie Asyl-Lexikon

Flucht nach Österreich seit 1945

 Die stärksten Flüchtlingsbewegungen nach Österreich waren:

1956/57 (Ungarn-Krise): 180.000 Menschen flüchten nach Österreich

1968 (Einmarsch Warschauer Pakt in Tschechoslowakei): 162.000 Menschen flüchten nach Österreich

1990er Jahre (Jugoslawien-Krieg): 90.000 Menschen flüchten nach Österreich

2015 Syrien – Naher Osten: 88.000 Menschen

2016 Syrien … : 42.000 Menschen

Mythos & Fakten: Wie werden Flüchtlinge / Asylwerber in Österreich wahrgenommen?

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