Interview mit Manfred Hohensinner

Ungekürztes Interview mit Manfred Hohensinner, Geschäftsführer von Frutura

Grüne Fürstenfeld: Wir bedanken uns für die Möglichkeit zu diesem Gespräch. In der Bevölke­rung gibt es Verunsicherung. Wir möchten diesbezüglich einiges aufklären. Dabei wol­len wir nicht Gerüchten oder Zeitungsartikeln folgen, sondern an der „Quelle“, d.h. direkt bei Ihnen nachfragen.

Manfred Hohensinner: Unser Interesse, unser Bestreben ist nach dem Erfolg in Bad Blumau die Geothermie. Wir wollen wieder zwei Bohrungen machen. Alle haben nicht das Glück, Geothermie zur Verfügung zu haben. Deshalb müssen wir sie weiter ausbauen und gemeinsam nützen – für Fürstenfeld und für uns. In der Region gibt es ein großes Potenzial auch eine Bioproduktion hochzuziehen. Mein Ansatz ist, hier die „Lebens­musterregion Europas“ zu gestalten. Wir suchen dazu auch Partnerbetriebe.

Grüne Fürstenfeld: Was liegt derzeit an konkreten Plänen für das Wienerbergergelände vor?

Manfred Hohensinner: Eine reine „Schauwelt“ greift zu kurz, es soll dort eine Ausbildungs- und Lehrstätte für Zukunftsprojekte entstehen. Derzeit liegen nur Skizzen und Ent­würfe vor. Das Entscheidende ist, ob es eine erfolgreiche Geothermiebohrung geben wird. Wenn das nicht der Fall ist, dann wird das Projekt nicht umgesetzt werden. Die Grundlage ist die Geothermie. Zwei Bohrungen in der Nähe des OBI-Baumarktes und in Altenmarkt sind geplant. Die Bohrungen sind bereits seit einem Jahr beim Land ein­gereicht. Es gibt noch Probleme mit dem Besitzer eines Nachbargrundstückes, dessen Grund wir während der Bohrung für ca. ½ Jahr benötigen würden, um Tanks für Was­ser aus der Bohrung aufstellen zu können. Gut, dass es in dieser Hinsicht Demokratie, Meinungsfreiheit und den Rechtsstaat gibt. Das alles erfordert eine gewisse Zeit, einige Jahre vielleicht. Bevor das nicht sicher ist, kann man die Pläne auf dem Wiener­bergergelände nicht in Erwägung ziehen. Ohne Geothermie ist es nicht umsetzbar. Das ist der Status quo. Am Erfolg der Bohrung zweifeln wir nicht, eher ist die Frage zu lösen „Wohin mit dem Wasser?“. Das Wasser zu finden ist nicht das große Problem, sondern die Rückführung (Reinjektion) ist es. Mein zentraler Hebel bei den Planungen ist die Jugend. Die tickt heute komplett anders. Die Generation 20+ hat ganz andere Statussymbole. Wir möchten das produzieren, was sich die Menschen wünschen – be­darfsgerechte Produktion.

Grüne Fürstenfeld: Wie schaut die Zeitplanung für das Vorhaben aus?

Manfred Hohensinner: Eine Zeitplanung ist noch nicht möglich, der Horizont sind die nächs­ten 10 Jahre. Die nächsten 3 – 5 Jahre werden gebraucht werden, um die Genehmigungsverfahren durchzuführen.

Grüne Fürstenfeld: Ist eine Therme noch ein Thema?

Manfred Hohensinner: Nein, eine Therme ist absolut kein Thema. Dieses kann man mit 1.000-prozentiger Sicherheit ausschließen.

Grüne Fürstenfeld: Wie realistisch ist der Glasturm? Er ist von der Dimension verglichen mit dem Turm der Fürstenfelder Stadtpfarrkirche gewaltig. Der Kirchturm ist 51 Meter hoch, der Glasturm wäre um 30 Meter höher. Es wäre das höchste Bauwerk in der Gegend.

Manfred Hohensinner: Um Glas werden wir nicht herumkommen, denn ohne Licht kann man das alles nicht machen. Alles muss baurechtlich genehmigt werden.

Grüne Fürstenfeld: Es gibt Befürchtungen von Anrainern, dass es bei dieser Höhe möglich ist, Einblick in die Privatgärten zu haben.

Manfred Hohensinner: Diese Befürchtungen sind berechtigt. Glas ist essenziell bei diesen Überlegungen, aber alle gesetzlichen Vorschriften müssen eingehalten werden. Auf die Bedenken der Anrainer muss Rücksicht genommen werden. Ich verstehe die Be­denken absolut.

Grüne Fürstenfeld: Gibt es ein Verkehrskonzept für das Projekt? Die Vorstellung in Fürstenfeld ist: „Frutura baut eine Erlebniswelt und es kommen täglich 1.000 Besucher.“ Wie sol­len diese dorthin kommen? Die Möglichkeiten auf das Gelände zu kommen, sind sehr beschränkt. Die Nähe des evangelischen Friedhofes muss auch berücksichtigt werden.

Manfred Hohensinner: Das kann nur gemeinsam gelöst werden, das ist eine der zentralen Fragen. In Zeiten wie diesen kann man dort nicht einfach Autos auf das Gelände fah­ren lassen. Man muss sich andere Möglichkeiten überlegen – E-Mobilität, Shuttle­busse, man muss zeitgemäß und mit Ruhe an das Thema herangehen.

Grüne Fürstenfeld: Wir sind der Meinung, es sollte ernsthaft mit den Menschen kommuniziert werden. Individualverkehr und Frutura würde unserer Meinung nach nicht überein­stimmen.

Manfred Hohensinner: Wir werden im nächsten Jahr eine Informationsveranstaltung abhal­ten – über den aktuellen Stand, über Probleme, die wir haben und wo wir gemeinsam hinwollen. So ein Gesamtkonzept kann nur gemeinsam umgesetzt werden. Alles andere funktioniert nicht. Im Vorfeld denkt man nicht an alles, was noch kommen könnte. Die Region hat eine Riesenchance, die Geothermie als Grundlage ist unglaub­lich wertvoll. Der gesamte Kreislauf soll abgedeckt werden, in dieser Hinsicht ist es kontraproduktiv, etwas mit Gewalt durchzudrücken. Wenn das nicht von der Allge­meinheit getragen wird, wird es nicht funktionieren.

Grüne Fürstenfeld: Wichtig ist es, das Projekt zu kommunizieren, es unter die Menschen zu bringen. Große Sorgen machen sich auch die BewohnerInnen der Wohnsiedlungen in der Nähe. 

Manfred Hohensinner: Ich möchte nichts machen, das nicht transparent ist. Nur gegen Widerstände zu agieren, bringt nichts. Berechtigte Sorgen und Bedenken müssen ge­meinsam gelöst werden.

Grüne Fürstenfeld: Gibt es Investoren außer Frutura?

Manfred Hohensinner: Was Frutura betrifft gibt es keine. Das finanzieren wir selbst.

Grüne Fürstenfeld: Ist es im Sinn von Frutura, den Baumbestand zu erhalten?

Manfred Hohensinner: Das muss geprüft werden. Den Baumbestand muss man untersuchen. Experten, der Waldverband z.B., müssen das entscheiden. Der Wald ist dort grund­sätzlich ein wichtiger Aspekt des Konzeptes.

Grüne Fürstenfeld: Lassen sich die zu erwartenden Arbeitsplätze abschätzen?

Manfred Hohensinner: Es werden sicherlich nicht wenige sein. Realistisch einige hundert, ohne dass das im Vorhinein schon geprüft wurde.

Grüne Fürstenfeld: Eine wichtige Frage ist die Bodenversiegelung. Sollen die Planungen den Bodenverbrauch möglich geringhalten?

Manfred Hohensinner: Egal, wie das in Zukunft sein wird, wir werden, um die Bodenversie­gelung zu reduzieren, in die Höhe gehen müssen. Beispiel Supermärkte – die Fläche der Parkplätze ist dreimal so groß wie der Supermarkt selbst. Auch die Landwirtschaft wird sich in Zukunft stark verändern müssen. Gewisse Kulturen, beispielsweise Erd­äpfel, wird man immer im Freien anpflanzen müssen. Andere Kulturen, Salate etwa, können schon jetzt auch im biologischen Anbau indoor angebaut werden. Um eine entsprechende Fläche zu bekommen, gibt es die Überlegung, in die Höhe zu gehen. Damit kann Bodenfläche erhalten werden. Alles muss jedenfalls in Summe „stimmig“ sein. Die gesetzlichen Grundlagen sind einzuhalten. Was ist auf dieser Basis machbar? Was macht Sinn, was macht keinen Sinn? Das ist ein gemeinsamer Prozess. Wie wir das in Bad Blumau machen, das ist in Europa einzigartig. Es funktioniert sehr gut. Der größte Hebel in der Zukunft ist das Verhalten der Gesellschaft. Das ist einfach so. Wenn man sich den Wahnsinn der Lebensmittelverschwendung ansieht, dann muss man sehr darüber nachdenken. Man sollte nicht 100% kaufen und danach 50% weg­werfen. Im Gegenteil, man sollte nur 50% gute Qualität kaufen und nichts wegwerfen. Was gut schmeckt, das wirft man nicht weg. So würde man sich 50% der Fläche er­sparen und diese wieder der Umwelt zurückgeben. Zum Teil wird nur mehr „Masse“ produziert, die keinen Geschmack hat. Geschmack passiert nicht einfach. Man muss mit den Pflanzen anders umgehen, man braucht einen anderen Bodenaufbau. Ein wichtiger Bereich ist der Humusaufbau im Boden. Das muss mit der Lebensmittelver­schwendung und dem Preis in Einklang gebracht werden. Das ist meine Vision. Fru­tura will in keiner Weise eine reine „Schauwelt“ (in Fürstenfeld) sein. Die Grünen sind prädestiniert, diese Themen zu unterstützen. Alles in Bioproduktion anzubauen, wird nicht möglich sein, aber vieles kann man sehr nahe heranbringen.

Grüne Fürstenfeld: Zusammenfassend kann man feststellen – es gibt drei Bereiche, die von Be­deutung sind:

  1. die Einbindung der Anrainer
  2. die Lösung des Verkehrsproblems und
  3. die Höhe des Glasturms.

Manfred Hohensinner: Die Anrainer sind zentral, auch die Turmhöhe. Die Höhe wird nicht Frutura entscheiden, sondern die gesetzlichen Grundlagen sind maßgebend. Derzeit liegt nur ein Entwurf vor. In die Höhe zu gehen, macht grundsätzlich Sinn. Die Ver­kehrsproblematik wird auf jeden Fall gelöst werden. Wenn man weiß, was möglich ist, dann muss man sich mit den Anrainern zusammensetzen.

Grüne Fürstenfeld: Eine Information der Bevölkerung in Form einer Bürgerversammlung wäre ein wichtiger Ansatz. Die Menschen wollen gehört werden, ihre Sorgen zum Aus­druck bringen.

Wir bedanken uns für das Gespräch. 

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